Die Ulurutour

Erst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen. Dieser Maxime streng folgend habe ich mich in dieser Woche genuesslich zuruecklehnen koennen, da ich nach dreimonatiger Schaffenszeit in Alice Springs meine Meriten verdient und ein weiterreisen möglich gemacht hatte. Obwohl ich liebend gerne so frueh wie moeglich aus Alice springs abgehauen waere, habe ich den Abschied aus Alice noch um eine Woche verschieben muessen, da ich das wichtigste noch nicht gesehen hatte: Den grossen Stein, das Wahrzeichen der Aborigines Zentralaustraliens, oder einfach nur „The Rock“: den Uluru, un(reise)gebildeten Nichtaustraliern meist immer noch bekannt unter seinem kolonialistischen Namen Ayers Rock.

So haben Christian und ich eine Dreitaegige Tour gebucht, die uns an drei Tagen zu drei verschiedenen landschaftlich bedeutenden Sehenswürdigkeiten bringen würde: den Kings Canyon, die Kata Tjutas und den Uluru. Die lautsprachliche Betonung beim letzten liegt uebrigens auf der letzten Silbe, da dieser Name aus der Sprache der Anangu-Aborigines entnommen wurde, die seit 1985 wieder die rechtmaessigen Eigentümer des Landes und des Berges sind.

Montags morgens um 6.30 Uhr ist normalerweise keine Zeit, in der man mich mit der Erwartung ansprechen sollte, mehr als undefinierte Grunzlaute als Antwort zu bekommen. Die Umstände an diesem Tag erzwangen es aber, dass wir um diese Zeit schon schlotternd und frierend (ja es wird kalt im Winter!) mit gepackten Sachen vor unserer Herberge standen und auf den Tourbus warteten. Gottseidank war die Verspätung nur minimal, und wir konnten nach ein oder zwei anderen Stopps aufbrechen auf unsere 450 km lange Fahrt zum Kings Canyon.
Von der Gruppe hat man auf dem ersten Teil der Fahrt nicht viel mitbekommen, da alle gepennt haben. Kein Wunder, wenn man mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen wird. Die Gruppe bestand aus 5 Deutschen, 4 Australiern, 3 Franzosen, 2 Holländern, 1 Israelin, 1 Schottin, 1 Brite, 1 Däne und 1 Schweizer. Die deutschen waren mit Ausnahme von Christian und mir alle zwischen Schule und Uni, was für deutsche Backpacker typisch ist. Die 4 Australier (2 Pärchen) waren schon älteren Semesters (tw. Ende 50). Ein französisches Pärchen war noch dabei, die sich aber total von der Gruppe abgesondert und ihr eigenes Ding gemacht haben. Der Brite und die Schottin waren auch schon nicht mehr die jüngsten, so dass unsere Gruppe ein aussergewoehnlich hohes Durchschnittsalter bekommen hat.

Die erste Station war Kings Canyon, ein großes Felsmassiv, welches über eine Strecke von mehreren Kilometern in einem 90 (oder mehr) Grad winkel mehrere 100 Meter in die Tiefe abfällt. Entstanden ist er durch ein Erdbeben vor 200 Millionen Jahren, in der Nähe, wo das heutige Alice Springs liegt. Im übrigen ist der Grand Canyon in den USA im Gegensatz zu diesem gar kein Canyon, sondern eine Gorge, also eine Schlucht. Ein Canyon ist nur ein Canyon, wenn das Felsmassiv an einer Seite steil nach unten geht.

Leider waren zu dem Zeitpunkt als wir da waren noch ca. 10 andere Touren da, so dass es dort ziemlich voll geworden ist. Gen Abend sind wir dann zu unserem Campground gefahren, einer Feuerstelle mitten in der Pampa. Vorher hatten wir noch gut Feuerholz gesammelt. Nachdem wir das Lagerfeuer in Gang gebracht hatten, gab es erst mal Abendessen: Känguruh Chilli con carne mit Reis, Kartoffeln und Salat. Dann haben wir noch lange ums Lagerfeuer herum gesessen, bevor wir in unsere Swags gekrochen sind. Swags sind Leinenschlafsäcke mit eingebauter dicker Isomatte. Darin konnte man wiederum seinen eigenen Schlafsack legen, und wenn man sich dann noch alle Winterklamotten, deren man habhaft werden kann, anzieht, dann ist es auch einigermaßen warm gewesen. Trotzdem habe ich mir für den Notfall eine kleine Flasche Whiskey eingepackt. Geschlafen hab ich in der ersten Nacht nicht wirklich gut.

Der nächste Tag begann schrecklich. Um 5.30 Uhr (!!) Wurden wir lauthals geweckt und dazu getrieben, das Camp zu räumen und zu frühstücken. Schließlich hatten wir wieder mal eine lange Fahrt von mehreren 100 km vor uns, bevor wir an unserem Tagesziel, den Olgas bzw. den Kata Tjutas ankamen. Das erste was einem bei der Anfahrt auf die Kata Tjutas auffällt ist das Gesicht von Homer Simpson, wie es auf dem Boden liegend gen Himmel starrt. In wirklichkeit besteht dieses „Gesicht“ aber aus mehreren Hügeln, die so angeordnet sind, dass sie von der Seite, von der die Strasse kommt, so aussehen wie Homer. Wie als ob das beabsichtigt gewesen wäre. Die Kata Tjutas sind eine Anhäufung von Kuppelartigen, ca. 350 meter hohen Hügeln, zwischen denen man gut herumwandern kann. Da aber diese Hügel genau wie der Uluru für die Aborigines ein Heiligtum ist, ist die Besteigung ein absolutes No-go. Ganz davon abgesehen wäre das auch nur ein Job für Extremkletterer, da alle Wände von den Hügeln glatt sind und extrem wenig Halt bieten. Trotzdem haben wir einen kleinen Spaziergang von 7 km gemacht und dabei wunderbarste Natur gesehen.

Nach einem ausgiebigen Lunch sind wir dann weiter zum diesmal nahe gelegenen Uluru gefahren, um dann dort einen kleinen Spaziergang zu machen und den Berg während des Sonnenuntergangs zu beobachten. Bei dem Spaziergang am Uluru ist mir zum ersten Mal aufgefallen, wie grün es um den Berg herum eigentlich ist. Der Grund ist offensichtlich: Nach Regenfällen fließen fast überall kleine Wasserfälle runter, so dass es rund um den Berg richtig feucht ist.

An dem Sunset Viewing Point angekommen waren nur wenige Gruppen dort, so dass wir uns einen guten Platz sichern konnten. Aber nach und nach kam Reisebus nach Reisebus an, und am Ende standen dort ca. 15 Busse, und es waren 100e von Leuten da, um sich den Sonnenuntergang anzuschauen. Wir hatten vorher noch unsere Biervorräte aufgefüllt, so dass einem genussvollen Untergang nichts im Wege stand. Alle anderen Gruppen hatten die Nobelvariante mit eigenem Tisch und Wein bzw. Champgner gewählt, was für uns sehr zum Vorteil war, aber dazu später.

Der Untergang war fantastisch. Obwohl Dominik, einer der anderen Deutschen, in einem gestellten Foto versucht hatte, den Uluru aufzuessen, blieb dieser standhaft und wechselte wie nach Fahrplan die Farbe von gelblich über Orange, hellrot, dunkelrot, lila-blau bis hin zu grau die Farbe.

Nachdem der Sonnenuntergang abgeschlossen war, verließen alle anderen Gruppen fluchtartig die Szenerie. Das hieß, die Tische mit dem Wein wurden mitsamt den Bediensteten stehen gelassen. Diese wollten natuerlich ihren Wein und ihr Essen loswerden und verteilten dies an uns arme Backpacker. So muss das sein!

Abends haben wir im Ayers Rock Resort Campground übernachtet. Wieder am Lagerfeuer, wieder in Swags, aber diese Nacht war wesentlich wärmer. Das eigentlich Highlight kam aber erst später: Kurz nachdem die meisten schlafen gegangen waren, hörte ich es auf einmal im Gebüsch rascheln, und plötzlich kam, 10 meter von uns entfernt, ein Dingo die Böschung runter und lief in Richtung Campingplatz, etwa 5 m an unserem Campground entfernt vorbei. Ich hatte vorher schon mal einen Dingo aus dem Auto heraus gesehen, aber noch nie so nah und so deutlich. Die Schuhe hatten wir übrigens alle unter unserem Swag versteckt, denn Dingos lieben Schuhe.

Die Nacht war außerordentlich kurz, denn am nächsten Morgen wurden wir schon um 5 (!!!) aus den Federn gescheucht. Diesmal ging es direkt ohne Frühstück zum Sunrise Viewing Point am Uluru, wo wir letzteres dann nachgeholt haben. Der Sonnenaufgang war mindestens genau so toll wie der Untergang, mit umgekehrter Farb-Reihenfolge.

Danach hatten wir die Option, entweder den Uluru zu besteigen oder den 9 km Walk darum herum zu machen. Trotz Aufklärung und deutlicher Missfallensäußerung seitens unseres Tourguides Jason haben sich ein paar doch dazu entschieden, den Berg zu besteigen, was aus meiner Sicht ein absolutes No-go ist. Unser Guide hat gemeint, das wäre das selbe, als würde man mit Schuhen und Shorts in einen islamischen Tempel gehen. Die Spitze des Uluru ist ein Ort, der in der Aboriginal-Kultur nur von Aboriginal-Männern betreten werden, die den Initiationsritus vollziehen oder schon vollzogen haben.

Eigentlich gehört der Uluru den Anangu Aboriginals, da die Regierung ihnen das Land Mitte der 80er Jahre zurück gegeben hat. Ursprünglich hatte es von regierungsseite damals geheißen, dass die Anangu alle Rechte über das Land bekommen würden, und zwar uneingeschränkt. Über ein Jahr lang hat dann die Regierung über der Ausarbeitung eines Vertrages gearbeitet, und in dieser Zeit hat sich herauskristallisiert, dass die Eigeninteressen der Regierung am Uluru viel zu groß und damit die Einbußen im Tourismus riesig gewesen wären. So hat man lange versucht, einen Vertrag auszuarbeiten, der einem eigene Optionen offen ließ. Am Ende kam dann dabei heraus, dass man den Anangu das Angebot gemacht hat, ihnen das Land zurück zu geben, allerdings mit drei Bedingungen: 1. Der Weg auf den Gipfel muss weiter für Touristen offen bleiben, und 2. die Regierung darf Teerstraßen durch das Gebiet der Anangu bis zum Uluru bauen, und 3. die Anangu mussten das Land für weitere 99 Jahre an die Regierung verpachten. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden könnten, würde das Land nicht zurück gegeben. So hat man die Anangu mehr oder weniger dazu gezwungen, dem zuzustimmen, obwohl es gegen ihre eigene Gesinnung war.

Es ist eine Sache von Respekt gegenüber anderen Kulturen nicht auf diesen Berg zu steigen. Sogar unser Tourguide, der diese Tour zweimal pro Woche macht, hat gemeint, er sei noch nie auf den Berg gestiegen und wird das auch niemals tun. Auf der anderen Seite ist der Aufstieg saugefährlich. 36 Menschen sind dabei in den letzten drei Jahren schon ums Leben gekommen oder an den Nachwirkungen gestorben (bspw. Herzinfarkt). Der Aufstieg ist extrem Steil, komplett ohne Schatten und man hat nur ein Seil, an dem man sich festhalten kann. Da fiel mir die Wahl, um den Berg herum zu gehen, nicht schwer.

8 km lang war der Weg um den Uluru herum, und kein bisschen langweilig, weil auf jeder der drei Seiten des Uluru eine andere Vegetation wächst. In der Ferne haben wir ein ganzes Rudel Dingos heulen gehört, und der Uluru sah von nahem noch viel fantastischer aus als in der Totalen.

Um ca. halb elf hiess es dann Abschied nehmen vom großen Stein und wieder zurück in Richtung Alice. Aber eine letzte Attraktion blieb noch. So ca. 100 km vor Alice haben wir an einer Kamelfarm gehalten, bei der wir für einen kleinen Obolus von 5 Dollar die Möglichkeit hatten, für ein paar Minuten auf einem Kamel zu reiten. Das war extrem lustig, vor allem als das Kamel aufgestanden ist und sich wieder hingesetzt hat. Erst ging es ein paar 100 Meter in langsamem Trott dahin, bevor es dann im Trab wieder zurück lief. Da ich noch nie vorher in irgendeinem Sattel gesessen bin, war das eine lustige Erfahrung.

Am späten Nachmittag waren wir dann zurück. Es war gerade noch Zeit für eine Dusche und ein kleines Schläfchen, bevor wir uns dann im Toddys zum gemeinsamen Dinner wieder getroffen haben. Später ging es dann auch mit den Jüngeren Crewmitgliedern in den Pub, wo der Abend noch feuchtfröhlich ausgeklungen ist. Insgesamt war es eine geile Tour, bei der sich jeder Cent gelohnt hat.

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