Mehr als nur Fish & Chips
Gäbe es einen kulinarischen Atlas, so hätte dieser an der Stelle von Großbritannien wahrscheinlich einen weißen Fleck , über dem die Worte “Terra Inkognita” stehen würden. In der Tat ist es so, dass im internationalen Bewusstsein die englische Küche mit dem grauenhaften Porridge zum Frühstück, fettigen Würstchen zum Mittag und noch fettigerem Fisch & Chips zum “tea” gleichgesetzt wird. Die Engländer unterscheiden übrigens bei Abendessen zwischen ´dem profaneren “Tea” und dem etwas nobleren “Dinner”. Letzteres wird meistens dann benutzt, wenn man aushäusig isst, sei es auch nur im Pub, um dort sein Fisch & Chips zu verspeisen.
Es ist Zeit, für die englische Küche eine Lanze zu brechen. In meiner ganzen Zeit hier habe ich nur eine Person getroffen, die an der Tradition des Porridge zum Frühstück festgehalten hat, und diese Person ist ein irischer Nordire (es gibt ja auch englischstämmige Nordiren).
Das Frühstücksverhalten hat sich deutlich verändert in den letzten paar Jahrzehnten. Dank des Vorstoßes kontinentaler Lebensmittel auf den englischen Markt hat man jetzt auch erkannt, dass man Hafer nicht unbedingt immer in Schleimform zu sich nehmen muss. Müslis und Joghurts sind stark im kommen bei den ansonsten nicht so sehr gewichtsbewussten Engländern, allerdings konnten sie die Bastion des “Full English Breakfast” noch nicht stürmen. Warum sollten sie auch? Jeder, der nach England kommt, sollte diese Spezialität zumindest einmal probiert haben. Für ganz nahrungsbewusste gibt es dieses urenglischste aller Essen sogar inzwischen auch auf vegetarisch.
Die Zutaten dieses Frühstücks wirken auf kontinentale Augen ziemlich bunt zusammengewürfelt. Fangen wir mit dem schlimmsten an, dann haben wir das hinter uns: Baked Beans. Mehlige, in zuckriger Tomatensauce fast schon aufgelöste weiße Bohnen. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen; mindestens zwei “Bangers” gehören auf den Teller, das sind Bratwürstchen mit einem unnatürlich hohen Fettanteil und einer Masse, deren Form und Herkunft undefinierbar sind. Spitze Zungen behaupten auch, diese Würstchen bestünden aus “Fett, Augäpfeln und Glasfasern”. Ganz so schlimm ist es nicht, mit der dazugehörigen braunen Soße lassen sie sich gerade noch runterkriegen. Danach wird es aber wirklich angenehm. Da kommt zunächst einmal das Ei auf den Teller, meistens als Spiegelei, aber Rührei und pochiertes Ei sind auch nicht selten, Dann gibt es pro Person mindestens eine gebackene halbe Tomate (sehr lecker), zwei bis vier geröstete Champignons (je nach größe), einen “hash brown”, was eine Art Riesenrösti ist und unseren Kartoffelpfannkuchen gar nicht mal unähnlich, und natürlich jede Menge Toastbrot.
Schon seit Asterix’ Zeiten weiß jeder, dass das Nationalgetränk der Engländer Tee ist. Und wenn der Engländer Tee sagt, dann meint er schwarzen Tee mit einem Tröpfchen Milch. Alle anderen Teesorten sind was für Weicheier und sowieso nicht gut mit Milch zu trinken. Aber der Engländer hat das Geheimnis des guten “Tee mit Milch” nicht für sich behalten, nein, er hat es in die Welt hinausgetragen. Inzwischen bekommt man sogar in Indien, dem Herkunftsland des Tees, in dem traditionellerweise Tee nur mit Tee getrunken wurde, an jeder Straßenecke bei den Straßenhändlern Tee mit Milch hinterher geschmissen.
Aber in Bezug auf die Getränkeauswahl zum Frühstück hat sich England doch deutlich weiter entwickelt und hat den Rest des Kontinents vielleicht sogar klammheimlich auf leisen Sohlen überholt. Wenn man heute in einem Café oder vielleicht einem Bed & Breakfast ein Frühstück bestellt, verbirgt sich hinter der Frage des Wirtes, ob man Tee oder Kaffee haben möchte, ein wahres Labyrinth. Kaffee mit Milch, ohne Milch, small latte, regulär latte, tall latte, jumbo latte, cappuccino with or without sprinkles on top in small, medium, tall or jumbo, Espresso, double Espresso, Moccha smallmediumlargejumbo, Mocchaccino smallmediumlargejumbo, oder doch nur ein Filterkaffee? Und das alles (und das ist der große Unterschied zum kontinentalen Frühstück) in Fair Trade. In England, nein in ganz Großbritannien wird fairer Handel ganz groß geschrieben, und in fast jedem Café hängt am Schaufenster ein großes Schild “Fair Trade Coffee & Tea” drauf. Ob die Briten damit ihre Kolonialschuld abarbeiten wollen, ich weiß es nicht.
Das Mittagessen unterscheidet sich auch deutlich von dem, was wir in Deutschland so gewohnt sind. Bei uns wird das Mittagessen immer noch als Hauptmahlzeit angesehen, in England dient das lunch erst mal dazu, einen über den Mittag zu bringen bis man dann gegen Abend feastet. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass hier nicht nur die Erwachsenen bis nach Mittag ihrer Arbeit nachgehen, sondern auch die Kinder schon im Alter von 5 Jahren bis 15 Uhr in den jeweiligen Erziehungsanstalten aufbewahrt werden. Dazu kommt noch, dass Eltern in England die Chance haben, selbst zu wählen, welche Schulen von ihren Kindern besucht werden. Und wenn Eltern der Meinung sind, dass die Schule, die eine Stunde Busfahrt entfernt liegt, besser ist, als die vor der Haustür, dann kennen sie keine Skrupel.
Das englischste aller Lebensmittel zum Mittagessen ist das Sandwich. Es gibt es in allen Formen und Farben und mit allen möglichen Zutaten die man sich auf einem Sandwich vorstellen kann. Mein persönlicher Favorit ist das Ploughmans Sandwich, das von dem etwas pompöseren Ploughmans Lunch herkommt. Und das geht so:
Das prominenteste an diesem Essen ist die dicke Scheibe Käse (natürlich Cheddar), um die sich alles andere herum gruppiert. Als da wären: eingelegte (süße) Zwiebeln, wer mag darf gerne ein bisschen Salat dazu tun, und natürlich Brot und Butter. Wer sich die Mühe nicht machen mag, der bekommt diese Zusammensetzung aber auch in jedem Supermarkt oder in jeder Bäckerei als belegtes Baguette oder Sandwich.
Die Engländer stecken aber auch wirklich alles zwischen zwei Brotscheiben, hier wird vor nichts zurückgeschreckt. Ob Muscheln, Shrimps, Currys oder Pickles, alles findet seine Abnehmer hier.
Aber nicht nur in der Anzahl der Sandwiches sind uns die Engländer einen Schritt voraus, denn auch eine andere Zutat, die fest zum Bestandteil eines jeden Mittagessens hier gehört, ist in viel größerer Vielfalt vorhanden. Denn so, wie sich die meisten deutschen im Ausland über die Qualität vor allem die Konsistenz des Brotes beschweren (und zurecht, wenn man ´mich fragt), so fragen sich Engländer in Deutschland, wo die deutschen die ganzen schönen Chipssorten im Supermarkt versteckt halten, denn alles, was sie dort finden, ist Gesalzen, Paprika ungarisch und wenn es hoch kommt noch Käse und Zwiebel. Der Grund, warum sie dort nicht mehr finden, ist simpel: Es gibt nicht mehr Sorten.
Der größe Hersteller von “Crisps”, wie die Chips hier genannt werden, ist Walkers. Wenn ich auf deren Website die Auswahl anklicke, dann werde ich erst mal gefragt, ob ich Walkers Crisps, Walkers Lights, Walkers Max, Walkers Baked, Walkers Extra Crunchy oder Walkers Crinkles suche. Alleine die Crinkles Crisps gibt es in vier Variationen, während die normalen Crisps in 13 Verschiedenen Sorten angeboten werden, darunter die Geschmackssorten Tomatenketchup, Saure Sahne & Schnittlauch, Worcestersauce und Shrimps Cocktail. Zudem ist Walkers auch dafür bekannt, dass sie öfter mal zu gegebenen Anlässen völlig neue Geschmackssorten auf den Markt bringen, so gab es z.B. zur Fußball Weltmeisterschaft 2010 eine Sonderedition von Crisps mit Geschmäckern aus jedem teilnehmenden Land. Deutschland war in dieser Linie vertreten mit “Bratwurst Crisps” - man lernt eben nie aus.
Walkers hat aber auch noch etwas anderes zutage gefördert, nämlich das Comedy-Talent in Gary Lineker, der als Hauptwerbeträger agiert.
Die nächste große Mahlzeit ist - Asterix sei dank - der Fünfuhrtee. Wer Asterix bei den Briten gesehen oder gelesen hat, der weiß, dass schon die Römer auf dem Schlachtfeld erfahren mussten, dass die Engländer um fünf Uhr eine Pause einlegen. Vor Asterix und Obelix gab es allerdings um diese Zeit nur heißes Wasser mit Milch, denn erst die beiden Gallier haben bekannterweise den Tee nach England gebracht.
Das englischste aller englischen Essen um diese Uhrzeit ist mit Sicherheit der Cream Tea. Und dazu braucht man folgendes:
1 Scone (brötchenartiges Süßgeback, meist mit Rosinen drin)
Erdbeermarmelade
Butter
Geschlagene Sahne, am besten Clotted Cream, eine fast schon butterartige Sahne
Eine Tasse Tee (oder, wie in meinem Fall, Kaffee)
Man schneide den Scone in zwei Hälften, tue DICK Butter, DICK Erdbeermarmelade und DICK geschlagene Sahne auf beide Hälften und genießt es zusammen mit einer Tasse gutem Earl Grey (oder, wie in meinem Fall, einem Kaffee). Cream Tea ist übrigens das Essen nach Wahl von bisher allen meinen Besuchern gewesen, die vorher schon einmal in England gewesen sind.
Kommen wir zum Heiligtum der englischen Küche: dem Dinner. Beím erfinden von Namen für ihr Essen kennen die Engländer keine Grenzen. Die berühmtesten Beispiele dafür sind “Bubble and Squeak” (Geblase und Gequietsche) oder “Toad in a Hole” (Kröte im Loch). Ersteres ist Kartoffel-Kohl Pürree (manchmal auch mit anderem Gemüse drin, kommt grad drauf an was man über hat), meist mit einem kalten Bratenstück versehen; letzteres sind Bratwürstchen, die in einer Backform mit einem Teig aus Eiern, Mehl, und Milch übergossen und dann im Ofen gebacken werden, meistens serviert mit “mushy peas” (matschigen Bohnen; sind so ekelhaft wie sie klingen) und etwas “potato mash” (Kartoffelpürree) oder chips (also Pommes).
Aber das eigentliche Heiligtum der abendlichen Küche, und auch das Highlight der Woche, ist das Sunday Roast Dinner. Klar gibt es auch in Deutschland den “Sonntagsbraten”, aber der kommt so langsam aber sicher aus der Mode, vor allem weil er viel Zeit und Liebe benötigt. In England ist diese Liebe noch nicht ganz erloschen. Es gibt es in allen Variationen, mit Rinderbraten, Hühnerbraten, Kalbsbraten, Lamm oder auch vegetarisch., aber das Drumherum bleibt meistens gleich:
1. Yorkshire Pudding. Zunächst mal: Yorkshire Pudding ist kein Pudding (für was das Wort “Pudding” im englischen alles verwendet wird, ist ein Kapitel für sich). Man nehme ein bisschen dickflüssigen Pfannkuchenteig, fülle den in eine runde Springform und mache den Rand etwas höher. Der wird dann im Ofen gebacken und nach einer Weile hat man eine schön knusprige runde Schale aus Pfannkuchenteig. Das ist Yorkshire Pudding. In diese Schale kann man dann nach Herzenslust alles tun, was so zu einem Roast Dinner passt: Erbsen, Bohnen, Kartoffelpürree, Würstchen, Brokkoli, Blumenkohl oder alles auf einmal. Die wichtigste Zutat kommt zum Schluss: der Bratensaft. Der kommt nämlich über alles einmal drüber, damit alles auch schön gleich schmeckt.
Guten Appetit!
Einen hab ich noch: Wer das Sunday Roast Dinner nicht selber machen mag (und vermutlich auch noch Geld sparen will), der bekommt dieses jeden Sonntag in allen Pubs fast schon hinterhergeschmissen. Sogar dort, wo man sonst kein Essen bekommt, wird sonntags der Grill ausgepackt und gespachtelt.
Das haben wir übrigens Maggie Thatcher zu verdanken, die in ihrer Amtszeit durchgedrückt hat, dass in Pubs auch Essen verkauft werden darf. Das, und Softeis. *
* Thatcher war vor ihrer Karriere als eiserne Lady Lebensmittelchemikerin und hat das Softeis erfunden. Wirklich wahr!
Es ist Zeit, für die englische Küche eine Lanze zu brechen. In meiner ganzen Zeit hier habe ich nur eine Person getroffen, die an der Tradition des Porridge zum Frühstück festgehalten hat, und diese Person ist ein irischer Nordire (es gibt ja auch englischstämmige Nordiren).
Das Frühstücksverhalten hat sich deutlich verändert in den letzten paar Jahrzehnten. Dank des Vorstoßes kontinentaler Lebensmittel auf den englischen Markt hat man jetzt auch erkannt, dass man Hafer nicht unbedingt immer in Schleimform zu sich nehmen muss. Müslis und Joghurts sind stark im kommen bei den ansonsten nicht so sehr gewichtsbewussten Engländern, allerdings konnten sie die Bastion des “Full English Breakfast” noch nicht stürmen. Warum sollten sie auch? Jeder, der nach England kommt, sollte diese Spezialität zumindest einmal probiert haben. Für ganz nahrungsbewusste gibt es dieses urenglischste aller Essen sogar inzwischen auch auf vegetarisch.
Die Zutaten dieses Frühstücks wirken auf kontinentale Augen ziemlich bunt zusammengewürfelt. Fangen wir mit dem schlimmsten an, dann haben wir das hinter uns: Baked Beans. Mehlige, in zuckriger Tomatensauce fast schon aufgelöste weiße Bohnen. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen; mindestens zwei “Bangers” gehören auf den Teller, das sind Bratwürstchen mit einem unnatürlich hohen Fettanteil und einer Masse, deren Form und Herkunft undefinierbar sind. Spitze Zungen behaupten auch, diese Würstchen bestünden aus “Fett, Augäpfeln und Glasfasern”. Ganz so schlimm ist es nicht, mit der dazugehörigen braunen Soße lassen sie sich gerade noch runterkriegen. Danach wird es aber wirklich angenehm. Da kommt zunächst einmal das Ei auf den Teller, meistens als Spiegelei, aber Rührei und pochiertes Ei sind auch nicht selten, Dann gibt es pro Person mindestens eine gebackene halbe Tomate (sehr lecker), zwei bis vier geröstete Champignons (je nach größe), einen “hash brown”, was eine Art Riesenrösti ist und unseren Kartoffelpfannkuchen gar nicht mal unähnlich, und natürlich jede Menge Toastbrot.
Schon seit Asterix’ Zeiten weiß jeder, dass das Nationalgetränk der Engländer Tee ist. Und wenn der Engländer Tee sagt, dann meint er schwarzen Tee mit einem Tröpfchen Milch. Alle anderen Teesorten sind was für Weicheier und sowieso nicht gut mit Milch zu trinken. Aber der Engländer hat das Geheimnis des guten “Tee mit Milch” nicht für sich behalten, nein, er hat es in die Welt hinausgetragen. Inzwischen bekommt man sogar in Indien, dem Herkunftsland des Tees, in dem traditionellerweise Tee nur mit Tee getrunken wurde, an jeder Straßenecke bei den Straßenhändlern Tee mit Milch hinterher geschmissen.
Aber in Bezug auf die Getränkeauswahl zum Frühstück hat sich England doch deutlich weiter entwickelt und hat den Rest des Kontinents vielleicht sogar klammheimlich auf leisen Sohlen überholt. Wenn man heute in einem Café oder vielleicht einem Bed & Breakfast ein Frühstück bestellt, verbirgt sich hinter der Frage des Wirtes, ob man Tee oder Kaffee haben möchte, ein wahres Labyrinth. Kaffee mit Milch, ohne Milch, small latte, regulär latte, tall latte, jumbo latte, cappuccino with or without sprinkles on top in small, medium, tall or jumbo, Espresso, double Espresso, Moccha smallmediumlargejumbo, Mocchaccino smallmediumlargejumbo, oder doch nur ein Filterkaffee? Und das alles (und das ist der große Unterschied zum kontinentalen Frühstück) in Fair Trade. In England, nein in ganz Großbritannien wird fairer Handel ganz groß geschrieben, und in fast jedem Café hängt am Schaufenster ein großes Schild “Fair Trade Coffee & Tea” drauf. Ob die Briten damit ihre Kolonialschuld abarbeiten wollen, ich weiß es nicht.
Das Mittagessen unterscheidet sich auch deutlich von dem, was wir in Deutschland so gewohnt sind. Bei uns wird das Mittagessen immer noch als Hauptmahlzeit angesehen, in England dient das lunch erst mal dazu, einen über den Mittag zu bringen bis man dann gegen Abend feastet. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass hier nicht nur die Erwachsenen bis nach Mittag ihrer Arbeit nachgehen, sondern auch die Kinder schon im Alter von 5 Jahren bis 15 Uhr in den jeweiligen Erziehungsanstalten aufbewahrt werden. Dazu kommt noch, dass Eltern in England die Chance haben, selbst zu wählen, welche Schulen von ihren Kindern besucht werden. Und wenn Eltern der Meinung sind, dass die Schule, die eine Stunde Busfahrt entfernt liegt, besser ist, als die vor der Haustür, dann kennen sie keine Skrupel.
Das englischste aller Lebensmittel zum Mittagessen ist das Sandwich. Es gibt es in allen Formen und Farben und mit allen möglichen Zutaten die man sich auf einem Sandwich vorstellen kann. Mein persönlicher Favorit ist das Ploughmans Sandwich, das von dem etwas pompöseren Ploughmans Lunch herkommt. Und das geht so:
Das prominenteste an diesem Essen ist die dicke Scheibe Käse (natürlich Cheddar), um die sich alles andere herum gruppiert. Als da wären: eingelegte (süße) Zwiebeln, wer mag darf gerne ein bisschen Salat dazu tun, und natürlich Brot und Butter. Wer sich die Mühe nicht machen mag, der bekommt diese Zusammensetzung aber auch in jedem Supermarkt oder in jeder Bäckerei als belegtes Baguette oder Sandwich.
Die Engländer stecken aber auch wirklich alles zwischen zwei Brotscheiben, hier wird vor nichts zurückgeschreckt. Ob Muscheln, Shrimps, Currys oder Pickles, alles findet seine Abnehmer hier.
Aber nicht nur in der Anzahl der Sandwiches sind uns die Engländer einen Schritt voraus, denn auch eine andere Zutat, die fest zum Bestandteil eines jeden Mittagessens hier gehört, ist in viel größerer Vielfalt vorhanden. Denn so, wie sich die meisten deutschen im Ausland über die Qualität vor allem die Konsistenz des Brotes beschweren (und zurecht, wenn man ´mich fragt), so fragen sich Engländer in Deutschland, wo die deutschen die ganzen schönen Chipssorten im Supermarkt versteckt halten, denn alles, was sie dort finden, ist Gesalzen, Paprika ungarisch und wenn es hoch kommt noch Käse und Zwiebel. Der Grund, warum sie dort nicht mehr finden, ist simpel: Es gibt nicht mehr Sorten.
Der größe Hersteller von “Crisps”, wie die Chips hier genannt werden, ist Walkers. Wenn ich auf deren Website die Auswahl anklicke, dann werde ich erst mal gefragt, ob ich Walkers Crisps, Walkers Lights, Walkers Max, Walkers Baked, Walkers Extra Crunchy oder Walkers Crinkles suche. Alleine die Crinkles Crisps gibt es in vier Variationen, während die normalen Crisps in 13 Verschiedenen Sorten angeboten werden, darunter die Geschmackssorten Tomatenketchup, Saure Sahne & Schnittlauch, Worcestersauce und Shrimps Cocktail. Zudem ist Walkers auch dafür bekannt, dass sie öfter mal zu gegebenen Anlässen völlig neue Geschmackssorten auf den Markt bringen, so gab es z.B. zur Fußball Weltmeisterschaft 2010 eine Sonderedition von Crisps mit Geschmäckern aus jedem teilnehmenden Land. Deutschland war in dieser Linie vertreten mit “Bratwurst Crisps” - man lernt eben nie aus.
Walkers hat aber auch noch etwas anderes zutage gefördert, nämlich das Comedy-Talent in Gary Lineker, der als Hauptwerbeträger agiert.
Die nächste große Mahlzeit ist - Asterix sei dank - der Fünfuhrtee. Wer Asterix bei den Briten gesehen oder gelesen hat, der weiß, dass schon die Römer auf dem Schlachtfeld erfahren mussten, dass die Engländer um fünf Uhr eine Pause einlegen. Vor Asterix und Obelix gab es allerdings um diese Zeit nur heißes Wasser mit Milch, denn erst die beiden Gallier haben bekannterweise den Tee nach England gebracht.
Das englischste aller englischen Essen um diese Uhrzeit ist mit Sicherheit der Cream Tea. Und dazu braucht man folgendes:
1 Scone (brötchenartiges Süßgeback, meist mit Rosinen drin)
Erdbeermarmelade
Butter
Geschlagene Sahne, am besten Clotted Cream, eine fast schon butterartige Sahne
Eine Tasse Tee (oder, wie in meinem Fall, Kaffee)
Man schneide den Scone in zwei Hälften, tue DICK Butter, DICK Erdbeermarmelade und DICK geschlagene Sahne auf beide Hälften und genießt es zusammen mit einer Tasse gutem Earl Grey (oder, wie in meinem Fall, einem Kaffee). Cream Tea ist übrigens das Essen nach Wahl von bisher allen meinen Besuchern gewesen, die vorher schon einmal in England gewesen sind.
Kommen wir zum Heiligtum der englischen Küche: dem Dinner. Beím erfinden von Namen für ihr Essen kennen die Engländer keine Grenzen. Die berühmtesten Beispiele dafür sind “Bubble and Squeak” (Geblase und Gequietsche) oder “Toad in a Hole” (Kröte im Loch). Ersteres ist Kartoffel-Kohl Pürree (manchmal auch mit anderem Gemüse drin, kommt grad drauf an was man über hat), meist mit einem kalten Bratenstück versehen; letzteres sind Bratwürstchen, die in einer Backform mit einem Teig aus Eiern, Mehl, und Milch übergossen und dann im Ofen gebacken werden, meistens serviert mit “mushy peas” (matschigen Bohnen; sind so ekelhaft wie sie klingen) und etwas “potato mash” (Kartoffelpürree) oder chips (also Pommes).
Aber das eigentliche Heiligtum der abendlichen Küche, und auch das Highlight der Woche, ist das Sunday Roast Dinner. Klar gibt es auch in Deutschland den “Sonntagsbraten”, aber der kommt so langsam aber sicher aus der Mode, vor allem weil er viel Zeit und Liebe benötigt. In England ist diese Liebe noch nicht ganz erloschen. Es gibt es in allen Variationen, mit Rinderbraten, Hühnerbraten, Kalbsbraten, Lamm oder auch vegetarisch., aber das Drumherum bleibt meistens gleich:
1. Yorkshire Pudding. Zunächst mal: Yorkshire Pudding ist kein Pudding (für was das Wort “Pudding” im englischen alles verwendet wird, ist ein Kapitel für sich). Man nehme ein bisschen dickflüssigen Pfannkuchenteig, fülle den in eine runde Springform und mache den Rand etwas höher. Der wird dann im Ofen gebacken und nach einer Weile hat man eine schön knusprige runde Schale aus Pfannkuchenteig. Das ist Yorkshire Pudding. In diese Schale kann man dann nach Herzenslust alles tun, was so zu einem Roast Dinner passt: Erbsen, Bohnen, Kartoffelpürree, Würstchen, Brokkoli, Blumenkohl oder alles auf einmal. Die wichtigste Zutat kommt zum Schluss: der Bratensaft. Der kommt nämlich über alles einmal drüber, damit alles auch schön gleich schmeckt.
Guten Appetit!
Einen hab ich noch: Wer das Sunday Roast Dinner nicht selber machen mag (und vermutlich auch noch Geld sparen will), der bekommt dieses jeden Sonntag in allen Pubs fast schon hinterhergeschmissen. Sogar dort, wo man sonst kein Essen bekommt, wird sonntags der Grill ausgepackt und gespachtelt.
Das haben wir übrigens Maggie Thatcher zu verdanken, die in ihrer Amtszeit durchgedrückt hat, dass in Pubs auch Essen verkauft werden darf. Das, und Softeis. *
* Thatcher war vor ihrer Karriere als eiserne Lady Lebensmittelchemikerin und hat das Softeis erfunden. Wirklich wahr!
teegernseher82 - 28. Jun, 00:03