Sonntag, 20. Juni 2010

Ferry, cross the Mersey

Diesen gutgemeinten Vorschlag von Gerry &The Pacemakers aus dem Jahre 1965 habe ich heute wörtlich genommen und mich in das nicht allzu weit entfernte Liverpool aufgemacht, das wie wir alle wissen, an der Mündung des Mersey River in die Irische See liegt (wer das Lied nicht kennt kann seine Wissenslücke gerne bei youtube schließen).

Aber Gerry & The Pacemakers, obwohl sie solche Hymnen wie "You'll never walk alone", "I like it" oder eben jenes "Ferry, cross the Mersey" hervorgebracht haben, sind nicht die musikalischen Flaggschiffe Liverpools. "Hey Jude", "Yesterday", "She loves you", "Penny Lane" ... ich könnte jetzt eine ganze seite mit den Nummer 1 Hits der wohl bekanntesten Band der Welt füllen: den Beatles. Selbst mehr als 40 Jahre nach dem Ende dieser Band lebt Liverpools Tourismusindustrie zu einem großen Tail von dem Ruhm der Fab 4. Sei es durch en Club "The Cavern", wo sie zuerst aufgetreten sind, oder die Elternhäuser von John, Paul, George und Ringo oder durch das große Beatles Museum, die Memorabilia - Läden, die ""Magical Mystery Tour" ... die Beatles waren mit Sicherheeit das beste, was Liverpool hat passieren können. Denn unter anderem dadurch konnte Liverpool sich von einer Hafen- bzw. Arbeiterstadt zu einer modernen und ansehnlichen "Kulturhauptstadt 2008" weiterentwickeln.

Nachdem ich vorher von Birmingham und Manchester ziemlich enttäuscht wurde, bin ich mit gemischten Gefühlen in Liverpool angekommen. Aber sobald ich aus dem Bahnhof gestiegen war, hat Liverpool angefangen, mich zu überzeugen. Auf der anderen Seite der Straße springt einem die riesige "St. Georges Hall" direkt ins Gesicht. Wenn es nicht so negativ klingen würde, wäre "monströs" eine treffende Beschreibung für dieses 1854 in neogriechischem Stil errichtete Gebäude. Damit dieses Gebäude aber nicht wie ein Riese unter Zwergen aussieht, hat man gleich mehrere gleichartige Gebäude drumherum gestellt, die unter anderem die sehr bekannte Walker Art Gallery, die Bibliothek und das eher moderne "World Museum Liverpool". Letzteres wird in meinem Reiseführer als "Highly recommended", also "sehr zu emfehlen" beschrieben. Aber das Wetter war heute so fantastisch, dass ich mich nicht dazu bewegen konnte, mehrere Stunden in einem dunklen Museum zu verbringen. Der größte Unterschied zwischen Liverpool und MAnchester ist, dass Liverpool tatsächlich auch ein paar (wenn auch nur wenige) Fleckchen Grün hat. Angefangen mit dem sehr stilvollen Garten hinter der St. Georges Hall über den fast wilden Garten an der Rückseite der Liverpool Cathedral bis hin zu den Gartenterrassen von ""Liverpool One", einem sehr modernen Einkaufszentrum, an dessen Fuß man mit Hilfe von Pools, Statuen und in Sandsteinblöcke eingelassene "Höhlen", die ein Café beherbergen, die Landschaft zur Gründungszeit Liverpools darzustellen versucht hat. Sehr geschmackvoll.

Die Innenstadt von Liverpool ist sehr modern. In den meisten Fällen ist das eher ein negatives Prädikat, hier hat man sich aber darauf konzentriert, durchaus unkonventionelle Architektur so zu verwenden, dass man immer wieder Überraschungen erleben kann, sobald man um eine Straßenecke biegt. So habe ich z.B. in einer Seitengasse das "Rucksack-Haus" entdeckt, ein modernes vergalstes Haus, das aussieht wie jedes normale Haus, nur hat es an einer Seite in etwa im 10. Stock einen Rucksackartigen Anbau, der recht interessant aussieht. Andere Häuser sehen aus wie halb eingestürzte Jenga - Türme oder wie aus Legobausteinen gebaut. So habe ich den NAchmittag zuerst damit verbracht, durch den großen Fußgängerbereich zu streunen und mich über dies und jenes zu wundern. Liverpool wurde dem Ruf der ehemaligen Kulturhauptstadt auch musikalisch gerecht. Egal, wohin ich ging, an jeder Straßenecke schallte mir Musik aus einem anderen Teil der Welt entgegen. Einmal bin ich mitten in eine Samba - Prozession geraten, dann wieder schallte mir die Panflötenmusik der allgegenwärtigen Inka-Band entgegen, bevor der irische Barde diese Mixtur mit der ewigen traurigen Ballade über die Kartoffelpest, die Engländer und/oder die nötige Auswanderung abrundete. Zwischendrin gab es die Abwechslung des ein oder anderen Beatles - Songs, meistens, wenn ich in der Nähe eines Souvenirshops war.

Die Beatles waren übrigens nicht "Liverpooler", sondern "Liverpudlians" oder auch "Scousers". Das eine sowie auch das andere hat mit dem befremdlichen Dialekt zu tun, den man hier spricht. "Scouse" wird nur in Liverpool und Umgebung gesprochen und ist einzigartig auf der dialektischen Landkarte Großbritanniens. Meine persönliche Meinung ist, dass der Grund dafür ist, dass Liverpool in der Vergangenheit ein Auffangbecken für arbeitslose Iren war, die Arbeit in den Docks gesucht haben. Manche hat hier aber auch ein hartes Schicksal ereilt, denn von hier liefen Ende des 18. und Anfang des 19. Jhdt. viele Gefangenenschiffe in Richtung Australien aus.

Die Docks in Liverpool sind auch sehr sehenswert. Ein Teil davon ist, wie z.B. auch die Hamburger Speicherstadt, Weltkulturerbe. Die Gebäude im "Albert Dock" sind nur im Innern im Sinne einer Zweckentfremdung verändert worden, äußerlich aber immer noch im alten Zustand. Neben vielen Cafés und Klamottenläden ist hier auch die weltberühmte Tate Gallery beheimatet, in der gerade eine Picasso - Ausstellung beherbergt ist. Von hier aus kann man auch eine ganz spezielle Stadttour machen: mit der "Yellow Duckmarine" Tour kann man in einem zu einem Bus umgebauten WWII - Amphibienfahrzeug zuerst die Stadt auf dem Landwege und dann auf dem Wasserweg erkunden. Da man das aber vorher buchen muss, habe ich mich dazu entschlossen, mit einer normalen Ferry den Mersey zu crossen. Eine Stunde hat die Rundfahrt gedauert, und ich habe mich nicht gelangweilt, denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt, zu versuchen, gute Fotos von Liverpools Skyline und Waterfront zu machen. Ein paar davon sind mir auch gelungen (ich habe mir übrigens eine digitale Spiegelreflexkamera gekauft. Dieses Baby macht viiel bessere Fotos als meine alte Kamera und macht auch viiel mehr Spaß. Allein der Sound, wenn der Shutter sich schließt ... brrr)

6 Stunden in Liverpool waren nicht genug. Bitte mehr davon, Städte Großbritanniens!

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