Freitag, 26. Februar 2010

Land, ländlicher, am ländlichsten

Steinzeitliches-FortOswestry ist Land. Obwohl dieses Städtchen kulturell einiges zu bieten hat, verkörpert sie den Begriff „Marktflecken“ sehr gut. Denn Oswestry, das mit 17.000 Einwohnern nicht zu den größten Städten zählt, ist eine typische Marktstadt. 2-3x in der Woche findet dieser hier statt, und dann herrscht grosser Andrang, denn auch aus den benachbarten Dörfern kommen alle in die Stadt. Ansonsten hat Oswestry (das auf walisisch übrigens „Croesoswallt“ heißt; fragt mich nicht, wie das ausgesprochen wird) für eine Stadt dieser Größe viel zu bieten: Es gibt ein altes Steinzeitliches Fort außerhalb, eine alte Burgruine innerhalb der Stadt, ein großes Whitington-CastleGildenhaus, wo heute die Stadtverwaltung und ein Theater drin sind, viele kleine Gässchen mit Fachwerkhäusern, ein Eisenbahnmuseum, einen kleinen Park usw. Und das sind nur die Sehenswürdigkeiten unmittelbar in Stadtnähe. Es gibt in dieser Gegend ganz viele befestigte Anlagen – klar, hier haben die Engländer gegen die Walliser gekämpft. Nichtsdestrotz hat Oswestry keinen eigenen Eisenbahnanschluss, sondern der nächste Bahnhof ist in dem Vorort, wo ich gerade wohne, in Gobowen.
Hügel um OswestrySt. Martins ist ländlicher. Es liegt etwa 7 km außerhalb von Oswestry und ist ein kleiner Ort von ca. 3.000 Einwohnern. Das ist der Ort, wo ich eigentlich gerne hinziehen möchte. Denn: Meine Arbeitsstelle liegt nur unweit von hier, es hat einen großen Supermarkt, wo ich alles bekommen kann, was ich brauche, und Gobowen mitsamt der Eisenbahnstation sind auch nur ca. 2 km entfernt. Von hier aus kann man außerdem verschiedene Wanderungen und Radtouren durch die Cambrian Mountains machen. Morgen schaue ich mir hier eine vielversprechende Wohnung an. Drückt mir die Daumen!
Glyn Morlas ist aber noch viel ländlicher. Hier ist meine Arbeitsstelle, fernab von jeder Zivilisation! Nein, das ist übertrieben, nach St. Martins sind es (von dem Haus aus) 10 Min zu Fuß, aber der „Ort“ ist sehr weitläufig, da es keine direkten Nachbarn gibt. Stellt euch einfach die ländlichste Gegend vor, die ihr kennt, und ihr habt Glyn Morlas. Ein kleiner Fluss fließt hierdurch, an dem sich die örtliche Bevölkerung im Sommer zum Angeln und Baden trifft. Die Gegend ist ziemlich hügelig, d.h. wenn man auf einer der engen Straßen in eine Kurve fährt, muss man immer erst vorher hupen, um ja sicherzugehen, dass einem niemand entgegen kommt. Das Haus übrigens ist tatsächlich nur 10 min Fußweg von der walisischen Grenze entfernt.
Hausboote auf KanalWas ich aber am tollsten hier finde, ist das Kanalsystem, das Länderübergreifend zwischen Nordwales und Shropshire besteht. Das sind kleine Wasserwege, die bis vor wenigen Jahren noch für die Industrie genutzt wurden, heute aber nur noch touristischen Zwecken dient. Man kann sich an verschiedenen Stellen Boote ausleihen, und damit bis zu einer Woche die Sehenswürdigkeiten der Gegend mit dem Boot bereisen. Unter anderem gibt es zwei riesige Aquaedukt-bei-ChirkAquädukte zu überqueren. Wer Lust hat, darf sich gerne melden, es gibt Boote für 4-5 bzw. 8 Personen…
Heute habe ich Wittington Castle (wie der Name schon sagt, in Wittington, einem ähnlich kleinen Dorf bei Oswestry) und Ellesmere besucht, und beides war klasse! Wittington Castle ist eines dieser alten Normannischen Festungen, die im Kampf gegen die Waliser besonders wichtig waren. Leider ist auch hiervon nur noch eine Ruine übrig.
EllesmereEllesmere hat etwas anderes zu bieten: Hier gibt es einen großen See, den man auf einem interessanten „Woodlands Walk“ umrunden und dabei recht viele Tiere beobachten kann. Ein sehr ruhiges, aber schönes Plätzchen.
Morgen fahre ich nach Chirk. Auch der Ort ist nah an meiner Arbeitsstelle, aber schon auf Walisischer Seite. Dort gibt es eine große Burg, einen der alten und großen Aquädukte und vor allem Zimmer, die ich mir anschaue. Also wünscht mir Glück, das tu ich euch auch!

Ingo

Pleiten, Pech & Pannen II

Der zweite Tag verlief ähnlich chaotisch wie der erste. Nach einem gemütlichen Frühstück verließ ich, etwa 1,5 Stunden vor der geplanten Abfahrt meines Zuges nach Gobowen /Oswestry, das Bed & Breakfast. Ich hatte ja am Vortag mein Gepäck an der Abgabestelle am Bahnhof St. Pancras gelassen, mein Zug fuhr aber von London Marylebone Station ab, 5 Stationen entfernt von St. Pancras. Obwohl das B&B ziemlich weit außerhalb war, dauerte die Fahrt nach St. Pancras nur 45 Min. Mir blieb also immer noch genug Zeit. Bis ich an der Gepäckausgabestelle kam. Nach der Schlange gestern in Lille beim Eurostar war die Schlange vor diesem Schalter, die zweitlängste der Welt. Es waren mindestens 50 Leute vor mir da. Also hieß es warten und hoffen, dass ich noch rechtzeitig drankommen würde. Als ich als Teil der Schlange um die letzte Ecke vor dem Schalter gebogen war, merkte ich schließlich, dass die Schlange nur für den Gepäck Check-In Schalter war, der Check-Out Schalter aber komplett leer war! Also hab ich schnell meine Sachen geholt und bin gerannt:
Von St. Pancras in die Metropolitan Line drei Stationen bis Baker Street, da einmal quer durch den ganzen Bahnhof bis zur Bakerloo Line gelaufen (die Bahn fuhr mir dort direkt vor der Nase weg) – drei min auf die nächste Bahn warten – dann eine Station gefahren bis Marylebone Station, dort zwei Stockwerke hochgerannt (mit drei Taschen und einem Fotoapparat), um dort herauszufinden, dass mein Zug gerade ohne mich abgefahren ist.
„Kein Problem“ sagte, der nette Typ von der Bahngesellschaft, „mit ihrem Ticket können Sie ganz einfach den nächsten Zug nehmen“. Der nächste Zug fuhr fünf Stunden und 10 Minuten später. Als ich meine Gastgeber in Gobowen (die ich über die Couchsurfing – Community kennen gelernt habe) davon in Kenntnis gesetzt und mich selbst auch damit abgefunden habe, fragte ich, wo ich mein Gepäck lassen könnte, damit ich noch mal in die Stadt gehen kann. „An dieser Station gibt es keine Möglichkeit, sein Gepäck abzugeben“ bekam ich als Antwort. „Sie können aber mit der U-Bahn bis Paddington fahren, und dort ihr Gepäck abgeben und später wieder abholen. Das müssen Sie allerdings diesmal rechtzeitig tun!“ Mit diesem väterlichen Rat im Sinn beschloss ich, mich lieber mit meinem Gepäck in ein ruhiges Café zu setzen, an meinem Blog zu schreiben und mich um meine möglichen zukünftigen Wohnungen zu kümmern, sprich Besichtigungstermine auszumachen.
Irgendwann waren diese 5 Stunden und 10 Minuten dann auch mal vorbei, und ich durfte mich auf die 3 Stunden und 32 Minuten dauernde Reise ins beschauliche Gobowen bei Oswestry aufmachen. Obwohl die Fahrt lange dauert finde ich es schon toll, dass ich von meinem zukünftigen Wohnort aus eine direkte Verbindung nach London habe.
Am Bahnhof in Gobowen wurde ich auch schon von Amelia erwartet, der Tochter von der Familie, bei der ich wohnen würde. Als wir an ihrem Haus ankamen, wurde ich sehr überrascht: Man hatte mir ein eigenes Zimmer abgestellt, mit eigenem Fernseher, CD-Player und einem bequemen Ausziehsofa. Die Familie (sprich Vater, Mutter und Tochter) sind alle sehr nett und hilfsbereit, ich bekomme hier jeden morgen meinen Kaffee und Essen wird abends für mich mit gekocht. Das ist mehr als eine Entschädigung für die Reise voller Pleiten, Pech und Pannen bis hierhin.

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