Montag, 13. Juli 2009

In 10 Tagen um Tasmanien

Moin! Zuerst mal muss ich mich fuer die lange Wartezeit entschuldigen, in der es von mir nix neues gab. Da mein Computer aber immer noch nicht einsatzfaehig ist (in ganz Tasmanien scheint es keinen Laden zu geben, der Ladegeraete fuer alte iBooks verkauft; selbst der Apple Store hier in Hobart hat die nicht mehr), kann ich weder schreiben wenn ich auf Tour bin noch Bilder hochladen, da das hier in der Staatsbibliothek nicht erlaubt ist. Internetcafes kosten hier mehr als das doppelte als auf dem Festland.

Nun aber zum wesentlichen. Ich habe mir zusammen mit Christian (den ich hier wieder getroffen habe) ein Auto gemietet, um 10 tage lang die Wunder von Tasmanien zu bestaunen. Wunder sind es wahrlich, denn ich habe noch keine Insel gesehen, in der so viele verschiedene Vegetationszonen so nah beieinander sind. Tasmanien ist ungefaehr so gross wie NRW, und hat doch von schneebedeckten Bergen ueber grosse Regenwaelder bis hin zu weissen Straenden alles zu bieten, was das Herz begehrt.

Unsere Reise fuehrte uns zunaechst zu einem Fleck, der ein eher dunkles Kapitel in der tasmanischen Geschichte darstellt. Urspruenglich war Tasmanien als Strafkolonie gedacht fuer Gefangene aus England und Irland. Diese wurden Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts zu Tausenden nach Australien und Tasmanien ausgesiedelt, weil die hiesigen Gefaengnisse zu klein geworden waren und Australien schoen weit weg war. Als Insel eignete tasmanien sich besonders als Strafkolonie, daher wurden hier weit mehr Gefangene hin verfrachtet.
Die groesste "Gefaengnissiedlung" wurde auf der Tasman Peninsula im Osten des Landes errichtet, heute als Port Arthur Im Laufe der Jahre wurden hier tausende von Gefangenen zur Arbeit in Kohleminen und Fabriken gezwungen.

Das besondere an Port Arthur ist aber etwas anderes. Als ein Ort, an dem den Gefangenen oft unrecht getan wurde und viele Menschen durch Umstaende zu Tode gekommen sind, fuer die sie nicht verantwortlich waren, zaehlt Port Arthur heutzutage zu den Orten auf der Welt, die am meisten von Geistern heimgesucht werden. Seit den 1870er Jahren wollen Bewohner und Besucher immer wieder Geister gesehen haben, mal in der Kirche, mal im ehemaligen Gefaengnis oder im Kinderheim. Davon natuerlich fasziniert haben wir uns dazu entschlossen, eine naechtliche Geistertour durch den Ort zu machen. Unser Tourguide hat uns an den verschiedenen Orten der Geistersichtungen die Geschichten zu den Personen erzaehlt, die dort als Geist erschienen sind. die "Erscheinungen" gab es allerdings nicht nur in Form von Geistern, sondern auch von bestimmten Geruechen. Angeblich haben z.B. ein Besucher an einer Stelle den starken Geruch von Formaldehyd wahrgenommen, waehrend die anderen nichts rochen. Es stellte sich heraus, dass an diesem Ort ca. hundert Jahre vorher Experimente mit formaldehyd gemacht wurden. Wir haben an diesem Abend zwar keinen Geist gesehen oder gerochen, trotzdem war die Fuehrung spannend und gut.

Nach einer Nacht im Auto (Daihatsu Charade, nicht empfehlenswert fuer zum drin schlafen) haben wir uns zur Freycinet Peninsula aufgemacht, einer Halbinsel etwas weiter im Norden der Ostkueste. Auf dieser Halbinsel liegt "Wineglass Bay", eine Bucht, die wie ein Weinglas geformt ist. Ausserdem zeichnet diese sich aus durch kristallklares Wasser, weissen Sandstrand und Regenwald, der bis an den Strand heran reicht. Der Nachteil: Um zu dieser Bucht hin zu kommen, muss man erst einmal einen zweistuendigen Marsch durch Berg und Tal auf sich nehmen. Die Haelfte der Zeit braucht man allerdings nur, um zum Wineglass Bay Lookout hoch oben auf dem Berg zu gelangen, was uns dann auch gereicht hat. Ausser der schoenen Aussicht hatte diese Halbinsel auch viel Wildlife zu bieten, es wimmelte hier nur so von Wallabies, Voegeln und anderen Tieren. Bei einem anderen kleineren Spaziergang in die Bucht von Sleepy Bay bin ich am dortigen Strand fast ueber einen Seehund gestolpert, der dort faulenzend vor einem Stein lag. Ich hab ihn erst gesehen, als ich zwei Meter vor ihm stand, aber er hat sich von uns auch in keinster Weise aus der Ruhe bringen lassen.

Der folgende Tag brachte eine willkommene Abwechslung: Etwas weiter inlands nordwestlich von der Freycinet Peninsula liegt der Evercreech Forest Reserve Park, ein Stueck Regenwald, in dem man gemuetlich auf sich eng windenden Pfaden die Natur geniessen kann. Dort fuehrte zwar eine Teerstrasse hin, aber das haette einen Umweg von 50 km bedeutet, also haben wir unseren Daihatsu ueber unbefestigte Strassen durch die Berge gejagt, was uns einen Mordsspass bereitet hat und die Leute von unserer Autovermietung in den Wahnsinn getrieben haette. Im Winter ist Tasmanien kein sehr beliebtes Reiseziel, und so waren wir auch die einzigen, die an diesem Tag zu dieser Zeit die Wunder des Regenwaldes erkunden wollten. Wir hatten (wie die Tage zuvor auch schon) Glueck mit dem Wetter, und so konnten wir ungestoert durch den Regenwald wandern. Und es gab eine ganze Menge zu entdecken, von exotischen Pflanzen (ich weiss jetzt wie Myrrhe aussieht) ueber eine ganze Menge Tiere, die sich im Dickicht versteckten. Der Weg ging entlang eines groesseren Baches hin zu einem stattlichen Wasserfall. Da es in den Wochen zuvor viel geregnet bzw. in den hoeheren Regionen geschneit hatte, fuehrte der Bach viel Wasser, was uns auf dem Rueckweg zum Carpark ein kleines Problem bereitete. Auf dem Hinweg gab es zur Ueberquerung des Baches eine Bruecke. Auf dem Rueckweg jedoch hatte man sich eine einfachere Loesung einfallen lassen: Man hatte an einer Stelle, an der relativ viele Steine waren, einfach eine Leine gespannt. Das Problem war nur, dass die meisten Steine unter Wasser waren, und der Bach war an dieser Stelle etwa 7-8 Meter breit. Also hiess es entweder Seiltaenzer spielen oder baden gehen. Ich entschied mich fuer letzteres und versuchte, von Stein zu Stein zu huepfen, was mir allerdings schon im Ansatz misslang. Danach ist mir eingefallen, dass ich ja zumindest meine Schuhe haette ausziehen koennen. Naja. Auf dem Rueckweg zur Ostkueste hatten wir dann unsere erste Begegnung mit wild lebenden Wombats, die unsere Strasse kreuzten. Leider waren diese beiden Exemplare eher scheu und liefen weg, als wir sie filmen wollten. Nachdem wir die letzte Nacht im Hostel geschlafen hatten, musste heute wieder das auto herhalten. Um Kosten zu sparen hatten wir uns entschlossen, Hostel und Auto als Uebernachtungsstaette immer abzuwechseln.

St. Helens an der Ostkueste als Uebernachtungsstaette zu waehlen war ein guter Zug, denn von da aus konnte man sowohl die "Bay of fires" als auch die "Peron Dunes" besichtigen und es am gleichen Tag noch nach Launceston, der zweitgroessten Stadt Tasmaniens, schaffen. Wenn man im Auto schlaeft, wird man automatisch beim ersten Sonnenstrahl wach, was in diesem Fall nur von Vorteil ist. So haben wir uns die nahe gelegenen Duenen beim Sonnenaufgang anschauen koennen (was allerdings den Umstand nicht aenderte, dass wir davon etwas enttaeuscht waren, da die Bilder, die wir von denen gesehen hatten, wesentlich spektakulaerer aussahen). Die Bay of fires hingegen sah ziemlich fantastisch aus. Die Felsen an dieser Kueste enthalten allesamt Eisen. Und was passiert mit Eisen, das mit Sauerstoff in Verbindung kommt? Richtig, es rostet. Die gesamte Bay of fires bestand aus rostroten Felsen und Gesteinsbrocken, die einfach Klasse aussahen. Das hoert sich jetzt vielleicht langweilig an, aber wenn ihr die Bilder seht werdet ihr eines besseren belehrt.

Fuer den Weg inlands nach Launceston haben wir uns wieder fuer die "Road Less TRavelled" entschieden, denn der Highway brachte uns nicht dorthin, wo wir hin wollten. Also verliessen wir bei Pyengana (auch als "Pjoengjang" bekannt, ich konnte mir den Namen einfach nciht merken...) den Highway und setzten unsere Raeder wieder auf eine unbefestigte Strasse, die uns aber zu zwei Naturschauspielen brachte, die (fast) einzigartig waren. Zum ersten gab es hier die St. Columba Falls, angeblich mit 91 Metern die hoechsten Wasserfaelle in Tasmanien. Ob das stimmt oder nicht, auf jeden Fall waren sie gewaltig und sahen fantastisch aus, vor allem, da sie mitten im Regenwald waren. Von dort aus fuehrte eine noch schlechter erhaltene Strasse einen steilen Berg rauf bis zur oberen Kante der Ralph Falls. Diese waren deshalb so atemberaubend, weil diese Wasserfaelle an einer geraden Wand ca. 80 Meter in die Tiefe stuerzten, und man von dem dortigen "Lookout" einen Ausblick auf halb Tasmanien hatte. Ausserdem ging es von der Kante des Lookouts ebenfalls 80 m gerade in die Tiefe. Der Weg von dort aus fuehrte uns ueber mehrere Kilometer gravel road wieder bergab, bis wir ungefaehr eine Stunde spaeter wieder Teer unter unseren Reifen hatten und die Fahrt mit hoeherer Geschwindigkeit in Richtung Launceston fortsetzen konnten.

Den Nachmittag haben wir in Launceston damit verbracht, die "Cataract Gorge" rauf- und wieder runter zu wandern, eine Schlucht, die direkt am Rande der City anfaengt und sich mehrere Kilometer entlang des oertlichen Flusses erstreckt. Ein paar Kilometer Flussaufwaerts kann man sich dann entscheiden, ob man die Schlucht mit hlfe eines Sessellifts (dem laengsten einspannigen Sessellifts der Welt) oder einer Schwingbruecke die Schlucht ueberqueren moechte. Auf der anderen Seite der Schlucht gab es ein Restaurant, welches uns nicht durch die Auswahl an Speisen beeindruckte, sondern die Abzahl der Pfauen und Possums, die frei auf dem Anwesen ihr Unwesen trieben. Ich kann nur immer wieder betonen, wie unheimlich niedlich Possums sind. Der Abend wurde noch dazu genutzt, im Kino "Transformers 2" anzuschauen. Der Film ist zwar ganz in Ordnung, aber wenn man ihn nicht sieht hat man nichts verpasst. Im Hostel in Launceston gab es dann noch eine weitere Sehenswuerdigkeit: Die dickste Katze der Welt.

Am naechsten Tag ging es von Launceston ueber Devonport an der Nordkueste, nach Stanley, einem verschlafenen kleinen Fischernest. Devonport ist das erste was man von Tasmanien sieht, wenn man sich entschliesst, diese Insel per Faehre zu erreichen. Die "Spirit of Tasmania" bedient die einzige Faehrverbindung zum Festland. Spontan habe ich mich dazu entschlossen, meine Rueckreise nach Melbourne auf diesem Schiff zu buchen. Es war nicht viel teuerer als das Flugzeug und es ist mal wieder eine Abwechslung zum ewigen fliegen (ganz davon zu schweigen dass es umweltfreundlicher ist).
Stanley ist ein kleiner Ort, der an sich nicht viel zu bieten haette, waere da nicht die Nuss."The Nut" ist ein Berg bzw. Monolith, der eine nicht geringe Aehnlichkeit von der Form her mit dem Uluru aufweist. Er ist zwar nicht so gross wie der rote Bruder, aber er zeichnet sich durch seine geographische Lage aus: Er liegt auf einer Halbinsel im Meer, die nicht groesser ist als der Berg selber und die nur durch einen sehr schmalen Isthmus mit einer anderen Halbinsel verbunden ist. Es gibt zwei Wege, auf die Spitze des Berges zu gelangen, zum einen per Sessellift, zum anderen ueber einen sehr steilen Fussweg. Wir hatten die Nacht im Auto am Fusse des Berges hinter uns gebracht, und kamen so in den Genuss, die aufgehende Sonne von der Spietze des Berges zu betrachten. Da der Sessellift allerdings noch nicht in Betrieb war, mussten wir den mit Muskelkatergarantie ausgestatteten Weg per Fuss auf uns nehmen. Aber es hat sich gelohnt!

Noch am selben Tag ging es dann in Richtung des Herzen von Tasmanien, dem atemberaubend schoenen "Cradle Mountain Lake St. Clair National Park". Vom cradle Mountain im Norden des Parks bis zum Lake St. Clair im Sueden sind es 80 km, die nicht per Auto oder Fahrrad, sondern nur per pedes zu bewaeltigen sind, denn hier erstreckt sich der bekannteste Mehrtages-Wanderweg von Australien, der "Overland Track". Vom Fusse des Cradle Mountain geht es an der Westflanke dieses gewaltigen Berges entlang bis ins Waterfall Valley, wo die erste Huette steht, in der man uebernachten kann. Um den ganzen TRack zu laufen, braucht man 5 - 7 Tage, wenn nichts dazwischen kommt. Im Sommer ist dieser Weg ein beliebtes Ziel fuer fortgeschrittene Wanderer, im Winter allerdings trauen sich nur wenige, diesen Weg zu laufen, da die Bedingungen sehr widrig sind. Wir hatten uns in den Kopf gesetzt, den ersten Teil bis zur Waterfall Valley Huette zu laufen und dann wieder umzukehren. Allerdings haben uns da verschiedene Faktoren einen Strich durch die Rechnung gemacht

1. Wir haben verschlafen. Der Wecker stand auf 7 Uhr, um 8.30 Uhr waren wir dann wach. Der Weg vom Anfang des Tracks bis zur Waterfall Valley Huette dauert mindestens 6 Stunden fuer erfahrene Wanderer. Im Winter ist die Zeit knapp bemessen, und wenn man in eisigen Hoehen wandert, sollte man dies nicht im dunkeln tun, weil da ein Fehltritt fatale Folgen haben koennte

2. Wir waren nicht auf diese Masse Schnee vorbereitet, die uns an der Westflanke des Cradle Mountain erwartete. Bis zu den Hueften!

Trotzdem haben wir uns noch auf den Weg gemacht, da wir uns die Aussicht auf die schneebedeckten Berge und die Bergseen rundherum doch nicht entgehen lassen wollten. Wir hatten es bereits bis zum hoechsten Punkt der ersten Etappe geschafft (Marions Lookout auf 1220 Metern), als wir einsehen mussten, dass der Schnee zu tief und die Zeit zu knapp werden wuerde, noch bis zur Huette zu kommen. Trotzdem hatte es sich gelohnt, da die Aussicht von Marions Lookout auf den Cradle Mountain und die umgebenden Berge grandios war.

Teil 2 der Geschichte folgt bald!

Ingo

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