Mittwoch, 10. Dezember 2008

Die Fabel von Sammy dem Seelöwen

In einem Land weit weit hinter den sieben Meeren lebte einst ein Seelöwe, der den schönen Namen „Sammy“ sein eigen nennen konnte. Sammy wurde von seiner Mutter auf einer Insel in der Nähe vom Festland auf die Welt gebracht, und er hatte in seiner Jugend eine Reihe von Spielkameraden, mit denen er seine Zeit verbringen und jede Menge Abenteuer erleben durfte. Da waren die Kormorane, die sich für Pinguine hielten, mit denen er gemeinsam auf Fischfang gehen konnte, die Möwen, mit denen er sich um die gerade erworbene Nahrung balgte, die majestätischen Pelikane, die er insgeheim ob ihrer Grazie bewunderte und viele, viele mehr. Sammy genoss sein Leben hier auf dieser Insel, die jeden Komfort bot, die sich ein Seelöwe nur wünschen kann. Dort gab es eine Sandbank mit dem schönsten und reinsten weißen Sand, den Sammy sich nur vorstellen konnte. Von dort aus brauchte er nur wenige Meter zu schwimmen, um die fischreichen Gründe des Southern Ocean zu erreichen, und beizeiten, wenn es im Norden sehr heiß wird und die Wale ihren Weg gen Süden starten, konnte er diese majestätischen Geschöpfe vorbeiziehen sehen und sie ein Stück auf ihrem Weg in die große weite Welt begleiten. Auf diese Zeit des Jahres freute Sammy sich ganz besonders, denn die Wale hatten immer sehr viel von ihren langen Reisen zu berichten (Sammy konnte nämlich ziemlich gut walisch sprechen!)
Doch eines Tages hat Sammy realisiert, dass ihm etwas fehlt auf dieser Insel. Dieses unbestimmte Gefühl trug Sammy lange Zeit mit sich herum, aber er konnte nicht heraus finden, was ihn plagte. Eines Tages beschloss Sammy, dass sich etwas ändern muss in seinem Leben. Er beschloss, die Insel, sein zu Hause, seine Freunde zu verlassen und in die weite Welt hinaus zu ziehen.

Er hatte von den Walen gehört, dass es da draussen ein Land gäbe, in dem einem die Fische in großen Massen fertig zubereitet ins Maul fliegen würden, ein Land wie für hungrige Seelöwen geschaffen. Also trommelte Sammy alle seine Freunde auf der Insel zusammen und berichtete ihnen von seinem Vorhaben, die Insel zu verlassen. Alle Tiere waren sehr traurig, denn Sammy war einer ihrer liebsten Spielkameraden gewesen. Aber er versprach ihnen, wenn er seine Reise beendet und das Land der fliegenden Fische gefunden habe, werde er wieder zurück kommen und ihnen allen den Weg dorthin zeigen, so dass alle davon profitieren können. Mit diesem Versprechen auf den Lippen robbte Sammy vom Strand ins Meer und schwamm in die Ferne.

Die Angaben der Wale waren nicht sehr genau. Sie hatten ihm nur gesagt, dass Sammy sich nahe an der Küste des Festlandes halten musste, wenn er sein Ziel erreichen wollte. Also machte er sich auf direktestem Weg in Richtung der großen Landmasse auf, die einige Kilometer entfernt von seiner Insel lag.

Als er dort ankam sah er dort nichts als langen, weißen Sandstrand und ein paar Klippen, aber keine Anzeichen von fliegenden Fischen. Also beschloss er sein Glück ein wenig weiter westlich zu suchen. Er schwamm mehrere Kilometer entlang der Küste von Stränden und Klippen, bis er schließlich eine Veränderung in der Umgebung bemerkte. Es gab auf einmal nicht nur Klippen und Strand, sondern große, kastenähnliche Gebilde, die offensichtlich von komischen Tieren bewohnt wurden, die Sammy noch nie vorher in seinem Leben gesehen hatte. Diese Tiere hatten zwar zwei Beine wie die Pelikane oder die Kormorane, aber überhaupt keine Federn und auch keine Flügel. Stattdessen hatten sie ein buntgerschecktes Fell, welches bei jedem dieser Tiere anders aussah. Sammy starrte verwundert auf diese seltsamen Kreaturen, schwamm dabei immer weiter bis er gegen einen Holzpfosten knallte.

In Sammys Kopf schwirrte alles. Er wunderte sich, was dieser Holzpfosten mitten im Meer zu suchen hatte. Aber da waren noch mehr. Ganz viele Holzpfosten standen hier in einer Reihe nebeneinander. Was noch komischer war: Die Holzpfosten trugen andere Holzpfosten, die quer darauf gelegt waren. Sammy sah jetzt erst , dass auf diesen anderen Holzpfosten einige der Tiere mit dem buntgescheckten Fell standen. Sie mussten ihn bemerkt haben, als er gegen den Holzpfosten geschwommen ist. Alle stießen spitze Schreie aus aus und schienen sehr aufgeregt zu sein ob seines Anblicks. Sammy bekam es mit der Angst zu tun, er wusste ja nicht, ob diese Kreaturen gut oder böse waren. Ängstlich zog Sammy sich unter Wasser zurück, und wollte gerade fliehen, als es geschah. Ein Fisch kam ins Wasser geflogen, fertig für ihn zubereitet. Sammy traute seinen Augen nicht. Konnte dieses hier das Land seiner Träume sein? Sammy schnappte sich den Fisch, zog sich wieder zurück und wartete. Nichts. Dann: der zweite Fisch. Diesmal hatte Sammy es genau gesehen: Eines der buntgescheckten Tiere hatte den Fisch ins Wasser geschmissen. Wollten sie ihn damit ködern, oder hatte er tatsächlich das Land seiner Träume gefunden? Sammy schnappte sich den Fisch und wartete erneut. Der dritte Fisch. Langsam wagte sich Sammy aus seinem Versteck heraus und beobachtete seine Futterspender erneut. Sie schienen nicht sehr böse zu sein, eher erfreut und erstaunt, dass er, Sammy, sich in ihre Gesellschaft begeben hat. Da beschloss Sammy, vorerst hier bei den Holzpfosten zu bleiben und abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln.

Sammys Träume waren Wirklichkeit geworden. Er hatte sein Schlaraffenland gefunden, denn der Strom an fertig zubereiteten Fischen ebbte nicht wieder ab. Sammy lebt seitdem glücklich und zufrieden bei seinen Holzpfosten. Seine Freunde hat er seitdem nie wieder gesehen, denn durch die vielen Fische ist er viel zu träge geworden, um weite Strecken zu schwimmen.

Moral: Nach dem Essen sollst Du pennen oder 1000 Meter rennen.




Sammy den Seelöwen gibt es wirklich. Er lebt seit Jahr und Tag in Esperance am Boots- und Angelsteg, und zwar wild. Woher er kam, weiß keiner, auf einmal war er da und ging nie wieder weg. Vermutlich tatsächlich, weil er seitdem nie wieder wirklich selber Nahrung suchen musste ...

Lothlorién, Western Australia

Fährt man durch die Wälder Südwestaustraliens, kann man sich mit ein bisschen Phantasie vorstellen, dass irgendwo, weit abseits der Straße, die Waldelben ihren Festen unter dem Sterbklaren Himmel der südlichen Hemisphäre frönen. Tolkien muss diese Wälder im Sinn gehabt haben, als er die Landschaft Lothloriéns erdacht hat. Denn wie große Mellorn-Bäume, ragen die Karri- und Tingle-Trees empor, und wie bei der Geschichte mit dem Alten Weidenmann sind die Stämme der Bäume so dick, dass gleich mehrere Hobbits von ihnen im Schlaf verschlungen werden könnten.

Beide Baumarten sind Eukalyptus-Bäume und gehören zu den zehn größten Baumarten der Erde. Die Karri – Bäume werden bis zu 90 m hoch und bekommen einen Umfang von bis zu 16 m, während die Tingle Trees einen Umfang von etwa 20 m bekommen können. Große Bereiche der Southern Forests, wie die Wälder hier heißen, stehen unter Naturschutz. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden die Wälder rigoros abgeholzt, inzwischen hat man aber ihren touristischen Wert erkannt, und die Holzwirtschaft ist am abebben.

Obwohl ein Teil der Wälder erst vor wenigen Jahren wieder aufgeforstet worden sind, sind sie trotzdem sehr sehenswert, denn schon nach etwa 20 Jahren haben die Bäume eine Höhe von 70 m erreicht, und wachsen die nächsten 400 Jahre nur noch wenig.

Trotz der Holzwirtschaft gibt es aber noch große Waldbereiche, die ursprünglich erhalten sind und in denen man mehrere hundert Jahre alte Bäume sehen kann. In Walpole an der Südküste hat man die alten Bäume zu einer richtigen Touristenattraktion gemacht: Man hat eine 600 m lange Stahlkonstruktion gebaut, den sogenannten Treetop Walk, der hunderte von besuchern am Tag in 40 m Höhe durch die Bäume geleitet. Ich selbst habe mich auch auf diesen Pfad begeben, auch wenn mir ganz schön mulmig zumute war. Man hat nämlich bei jedem Schritt und jedem Windhauch heftigst gewackelt.

Wer den ersten Film des Herrn der Ringe gesehen hat, der wird realisiert haben, dass die Elben in Häusern weit oben in den Bäumen leben, welche sie durch Treppen und Leitern erreichen. Auch diese Idee könnte Tolkien von den findigen Einwohnern Westaustraliens abgeschaut haben. Dies haben nämlich ihre riesigen Bäume schon in den vergangenen Jahrhunderten als Fire Lookout Trees benutzt. Zu diesem Zweck wurden einfach Eisenstangen derart in die Rinde des Baumes geschlagen, dass sie als Leiterstufen benutzt werden konnten. Diese Bäume samt den „Leitern“ existieren immer noch, werden aber momentan nur noch zu touristischen Zwecken benutzt (gebt mal „Gloucester Tree“ bei Wikipedia ein für mehr Informationen). Das bedeutet im Klartext, man kann mit Hilfe dieser Stangen ohne Geländer oder jegliche andere Absicherung(!!) auf eine Plattform in 60 m Höhe (!!!) klettern, um die Aussicht zu genießen.

Dieses Vergnügen habe ich mir allerdings gerne entgehen lassen.

Wie man am besten keine Wale sieht.

Ein Ratgeber.

Im folgenden Essay werden Ihnen einige Tipps gegeben, wie und wo man am besten überhaupt keine Wale sehen kann. Der Autor ist ein sehr erfahrener Keine-Wale-Seher und garantiert dass Sie, falls Sie die folgenden Tipps gewissenhaft berücksichtigen, ebenfalls absolut keine Wale sehen werden.*

Sie stehen in einem Visitor Centre in einem beschaulichen Städtchen an der Westküste Australiens, beispielsweise Denham. Dort erfahren Sie, dass es entlang der Westküste Australiens mehrere Arten von Walen gibt, die zu verschiedenen Zeiten des Jahres [nicht, d. A.] von der Küste aus gesehen werden können. Im Folgenden soll Ihnen eine Anleitung gegeben werden, welche Schritte nun zu tun sind, um absolut überhaupt keine Wale sehen zu können.

1. Sie gehen an den Schalter und fragen, welche Arten von Walen in dieser Zeit des Jahres [nicht, d. A.] gesehen werden können. Verhalten Sie sich so, dass der zuständige Mitarbeiter denkt, sie wollten die Wale in Wirklichkeit doch sehen. Alles andere führt nur zu Verwirrungen.
2. Sie erfahren von dem netten Mitarbeiter im Visitor Center, dass gerade die Saison für Buckelwale ist, die vom tropischen Norden auf dem Weg in arktische Gewässer sind, und dabei angeblich von der Küste aus gesehen werden können. Fragen Sie nun den freundlichen Mitarbeiter, ob es von dem Ort aus Whale Watching Tours gibt.
3. Achten Sie darauf, dass das Unternehmen, bei welchem Sie ihre Tour buchen, absolut keine Garantie gibt, während der Tour einen Wal zu sehen. Das ist das beste Zeichen dafür, dass Sie während der ganztägigen Bootstour absolut keinen Wal sehen werden.
4. Haben Sie die Bootstour hinter sich gebracht und erfolgreich absolut keinen Wal gesehen? Dann führt Sie der nächste Schritt wieder zurück ins Visitor Center. Seien Sie nicht erstaunt, wenn der freundliche Mitarbeiter sich dafür entschuldigt, dass Sie absolut keinen Wal gesehen haben, er ist wahrscheinlich immer noch fest davon überzeugt, dass es ihr Ziel sei, tatsächlich einen Wal zu sehen. Lassen Sie Ihn unbedingt und auf jeden Fall in dem Glauben!
5. Fragen Sie nun nach, ob es entlang der Küste gute Lookouts gibt, von denen aus man [angeblich, d. A.] Wale sehen kann. Er wird Ihnen eine Karte von der Region geben und mit einem Kugelschreiber (der wie immer erst funktioniert, nachdem er eine halbe Stunde lang auf einem Blatt Papier herumgekritzelt hat) die Punkte einzeichnet, von denen man aus [angeblich, d. A.]am besten Wale beobachten kann. Er wird Ihnen auf jeden Fall nur Plätze zeigen, die mindestens 10 km von der nächsten Straße entfernt und nur über steinige Fußpfade zu erreichen sind.
6. Wenn Sie dort ankommen, werden Sie merken, dass Sie dort ungestört überhaupt keine Wale beobachten können.
7. Herzlichen Glückwunsch. Sie haben nun mit großem Erfolg überhaupt keine Wale gesehen. Wale sind eh überbewertet und haben sowieso nur hässliche Warzen überall.

Hochachtungsvoll

Dipl. K.-W.-S. (FH) Espenhorst
Experte im Keine-Wale-Sehen

* Für diejenigen, die trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und der Berücksichtigung aller gegebenen Hinweise doch Wale sehen sollten, besteht keinerlei Geld-Zurück-Garantie. **

** Ich weiß, ihr habt eh nichts dafür bezahlt, aber ohne diesen Hinweis wäre diese Satire nicht komplett gewesen. ***

*** Ihr habt aber schon gemerkt, dass das eine Satire ist, oder?

**** An alle Betreiber von Whale Watching Touren in Westaustralien: Ich bin sicher, das alles ist nur ein Missverständnis, und Sie haben in ihren Broschüren und Informationsblättern das Wörtchen „keine“ nur aus versehen vergessen!

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